Es ist nicht leicht, eine Behauptung gegen jegliche Widerrede zu verteidigen, nicht einmal in den Fällen, die uns am sichersten scheinen. Hilfreich ist es allerdings natürlich immer, wenn man Gründe angeben kann, die einen dazu bewegen, etwas anzunehmen. Wie wir jedoch im folgenden sehen werden, stellt sich das als schwierig heraus und das sogar, wenn man sich auf empirische Daten stützt. Es kann natürlich immer jemand fragen, ob es nicht doch anders sein könnte, als man annimmt. Das übliche Vorgehen, wenn wir auf etwas schließen, ist bekanntlich derartig, dass wir aus Aussagen, die wir voraussetzen, weitere Aussagen gewinnen können. Entsprechend kann man das Verfahren einfach umdrehen und mit dem Grund antworten, aus dem die angegriffene Behauptung folgt: „Meine Aussage p folgt zwingend aus der Wahrheit von q und ich weiß, dass q wahr ist.“ Nun könnte die Gegenpartei aber wieder antworten: „Und meine Aussage nicht-p folgt zwingend aus der Wahrheit von nicht-q und ich weiß, dass nicht-q wahr ist.“ Wahrscheinlich wird die Vertreterin der ursprünglichen Position wieder antworten können, dass es ja auch einen Grund gebe, dass man q weiß, nennen wir ihn r. Damit wäre p besser begründet als nicht-p. Wenn man weiß, dass r, dann weiß man schließlich auch, dass q und wenn man weiß, dass q, dann weiß man auch, dass p. Die Antwort der Gegenpartei kann man sich nun schon fast denken, sie wird wohl lauten, dass man doch auch hier einfach wieder das genaue Gegenteil behaupten könnte und die Behauptung nicht-p eben durch nicht-q und nicht-q wiederum durch nicht-r begründet sei. Das Problem hier ist, dass sich die Kette theoretisch endlos fortsetzen ließe und auch die sehr faule Gegenpartei zumindest möglicherweise immer noch recht haben könnte. Dieses Problem lässt sich der Bewegung des Skeptizismus zuordnen, die sich historisch bis zur Figur des Pyrrhon zurückführen lässt, der mit dem Heer Alexanders des Großen bis nach Indien gereist und nach der Bekanntschaft mit Asketen und Brahmanen begonnen haben soll, alles in Frage zu stellen, um im Zustand der Enthaltung Seelenruhe zu finden.1 Das soeben angerissene Problem (die Möglichkeit, immer eine gleichwertige Gegenbehauptung zu finden) wird in all seiner Schärfe in den fünf Tropen des Agrippa dargestellt, die ich hier im folgenden nach der Liste des Sextus Empiricus kurz darstellen und kommentieren möchte.2
1. Der Widerstreit: Es findet sich überall Uneinigkeit bezüglich der zu prüfenden Aussage, es ist nicht mit Sicherheit zu beurteilen, welcher Autorität man zu folgen hat. Das ist in meinen Augen kein besonders gutes Argument dafür, sich einer Aussage zu enthalten. Es gibt natürlich unzählige Fragen, in denen die öffentliche Meinung gespalten ist und man selber nicht fähig ist, ein Problem genauer zu beurteilen, in denen man also vollkommen auf fremde Fachexpertise angewiesen ist, doch auch in solchen Fällen ist es meist möglich anhand der großen Übereinstimmung der Expert:innen zu einem Thema oder anderen äußeren Beurteilungskriterien, eine Entscheidung zu treffen. Damit ist zwar keine Sicherheit garantiert, gerade in extrem spezifischen Gebieten, die selbst bei vollkommener Kenntnis der Datenlage noch schwierig zu bewerten sind, doch es ließe sich schon rein konsequentialistisch argumentieren, dass Urteilsenthaltung in einer fast sicheren Angelegenheit schnell zu Problemen führen kann und nicht zwingend zu der von den Skeptikern angestrebten Seelenruhe in Bezug auf Fragen des Wissens.
2. Der infinite Regress: Wenn man, wie oben in unserem sehr schematischen Gespräch dargestellt, die eigene Aussage mit einer weiteren begründen kann, scheint das mehr Sicherheit zu geben, doch es lässt sich bekanntlich immer noch einmal fragen: Und woher weißt du das? Als infiniten Regress bezeichnet man das endlose (deswegen infinit) Zurückgehen (deswegen Regress) in immer tiefer liegende Gründe. Da sich hier keine Aussage selbst trägt, scheint man immer weiter zurückgehen zu müssen, die Begründung kann so niemals ein Ende finden. Man sollte meinen, dass es irgendwann zu dem Punkt kommt, an dem irgendeine Partei aufgibt. Tatsächlich ist das ja auch in der Wirklichkeit so, es kommt niemals zur Einlösung der unendlichen Nachverfolgung. Es gibt Theoretiker, die der Meinung sind, dass das eigentlich kein Problem sei und man könnte auch dafür argumentieren, dass es in tatsächlichen Gesprächssituationen ab einem gewissen Punkt nicht mehr in der Verantwortung der Befragten liegt, noch weitere Auskunft darüber zu geben, woher sie wüssten, dass beispielsweise Schmerz etwas schlechtes oder Berlin die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland sei. Dieser Tropus ist auch im Zusammenhang mit zwei weiteren, noch zu nennenden, aus der Liste des Sextus zusammen als eines der Hörner des sogenannten Münchhausen-Trilemmas in die Philosophiegeschichte eingegangen, auf das ich gleich im Anschluss zu den Tropen des Agrippa eingehen möchte.
3. Relativität: Ein zu betrachtender Gegenstand erscheint immer in Relation zu seinem Kontext und der Betrachterin, wird aber vermeintlich nicht eigentlich erkannt. Das kann sicherlich zu Irrtümern führen, ist aber im Grunde genommen ein Problem, das zu den leichter zu lösenden gehört. Die Vorstellung, dass es ein Wissen von einem Objekt oder eine Evaluation der Wahrheit oder Falschheit einer Aussage ohne jeglichen Kontext geben soll, ist absolut unvorstellbar. Den Standpunkt des Beobachters auslöschen zu wollen ist unsinnig, wenngleich man wohl größere Einsicht in einen Bereich erhält, wenn man ihn aus multiplen Perspektiven betrachtet und den Kontext wechselt. Die moderne Wissenschaft versucht selbstverständlich jegliche zufällige Einwirkung auf Messungen auszuschließen, gerade das ist schließlich der Zweck von Experimenten in isolierten und möglichst neutralen Räumen, aber Faktoren wie beispielsweise Temperatur lassen sich zwar manipulieren, aber nicht gänzlich auslöschen. Wenn man nun aber eine Messung unter sonst gleichen Umständen vornimmt und die Temperatur verändert oder einen Vorgang einmal bei normaler Luftzusammensetzung und ein anderes Mal in einem fast perfekten Vakuum vermisst, so lernt man gerade aus den Kontexten, also der Relation eines Prozesses oder Gegenstands zu anderen, wie sich das Objekt, der Stoff oder der Prozess am besten abstrakt beschrieben lassen. Es ist sehr schwierig, alle Einflüsse zu entfernen und selbst ein ideales Experiment ist immer noch das Ideal einer Beobachterin, die es konstruiert, um anschließend ein Ergebnis ablesen zu können. Darin liegt die ganze Fruchtbarkeit der Erfahrung und der empirischen Wissenschaft im Speziellen.
4. Dogma: Das in realen Begründungen wohl häufigste Ende ist das Dogma beziehungsweise der Abbruch der Begründung. Im oben skizzierten Gespräch hätten wir nun an irgendeinem Punkt einfach eine Setzung. Diese wird nicht weiter diskutiert, sondern einfach behauptet. Derartiges kennt jede aus dem politischen und sozialen Alltag. Es mag noch Spaß machen, wenn ein Kind erstmals fragt, warum es etwas tun soll und es macht vielleicht auch noch Spaß, die Begründung weiter mit ihm durchzugehen, aber irgendwann kommen auch die geduldigsten Eltern an einen Punkt, an dem sie keine weitere Antwort mehr darauf wissen, woher sie das denn jetzt eigentlich wüssten und nur noch antworten, dass es eben so sei. Das scheint auch zunächst gar nicht wie ein unbefriedigendes Ende. Wenn man eine hinreichend solide Grundlage hat, die nicht mehr hinterfragbar ist oder der Person, die begründen soll, zumindest vollkommen selbst-evident erscheint, dann sollte es eigentlich nichts mehr zu hinterfragen geben. Nur ist es oft so, dass nicht alle mit dieser ersten Setzung übereinstimmen und selbst wenn sich alle darauf einigen könnten, dass es so sein muss, dass man gerade dies absolut sicher wisse, lässt sich immer noch fragen: Wie kommt es, dass gerade diese Grundlage funktioniert und so sicher ist? Eine einfache, aber eventuell tückische Antwort ist der Verweis auf die Erfahrung. Es scheint kaum problematisch, auf die Frage danach, woher ich weiß, dass ich Freude empfinde, zu antworten: Ich erlebe sie gerade. Schwieriger, doch immer noch vergleichsweise einfach wird es schon, wenn man erklären muss, woher man weiß, wie man sich gestern Abend gefühlt hat. Hier würde man wohl gut daran tun, sich auf die Erinnerung daran zu berufen, dass man sich am vorigen Abend so oder so gefühlt habe. Auch das würde wohl in den meisten Situationen, sofern die Sprecherin nicht an einer die Erinnerung beeinträchtigenden Krankheit leidet oder Grund hat, zu lügen, als eine vollkommen unverdächtige Feststellung gelten, auf die man sich in einer Argumentation (zu welchem Zweck auch immer) berufen könnte. Zunehmend schwieriger einzuschätzen werden dann weitere Aussagen bezüglich Vorgängen, über die man sich leicht täuschen könnte, Messungen, die kaum zu reproduzieren sind und Verallgemeinerungen, die Artbegriffe einführen, denen dann aufgrund von vielen einzelnen Beobachtungen per Induktion weitere Eigenschaften zugeschrieben werden und bezüglich derer man sich immer noch irren könnte. Insgesamt scheint Erfahrung jedoch als Basis weiterer Argumentation recht gut zu funktionieren, sofern man nicht glaubt, dass die gesamte Realität sich grundsätzlich ihrer Erkennbarkeit widersetzt oder man, wie im berühmten Szenario aus Descartes‘ Meditationes de prima philosophia annimmt, dass man von einem allmächtigen Täuscherdämon hinters Licht geführt wird. Derartige Skepsis gegenüber der Verlässlichkeit der Erfahrung lässt sich allerdings, wie ich eventuell in einem späteren Artikel über Descartes‘ großartige Ausführungen hierzu erwähnen werde, ebenfalls verhältnismäßig leicht entschärfen.
5. Diallele: Die Diallele (auch Zirkelschluss) ist eine Form, die man oftmals gerade in Argumenten, die Selbstverständlichkeit suggerieren sollen, auffindet. Es handelt sich hierbei um den Fehler, im Verlauf der Begründung die zu Begründende Aussage zu verwenden und sich schließlich im Kreis zu drehen, sodass es scheint, als habe man eine vollständige Begründung gegeben, während man eigentlich nur behauptet hat, was man begründen sollte. Ein einfaches Beispiel ist das blinde Vertrauen in eine Quelle. Wenn eine Person A gefragt wird, warum sie den Meinungen einer anderen Person B Glauben schenkt, kann sie zum Beispiel damit antworten, Person B sei vertrauenswürdig. Wiederum danach gefragt, woher sie denn wisse, dass Person B vertrauenswürdig sei, antwortet Person A nun damit, dass Person B über sich selbst gesagt habe, sie sei vertrauenswürdig und diese Aussage könne man als sicher annehmen, da Person B sie geäußert habe. Derartige Zirkel sind, wie schon auf den ersten Blick auffällt, außerordentlich problematisch und sind vor allem von ihrem Inhalt unabhängig, da sich so alles rechtfertigen ließe. Das angeführte Beispiel ist noch recht leicht durchschaubar, aber gerade, wenn der Zirkel ein paar Glieder mehr hat und man einzelne Behauptungen umformuliert, sodass der Zirkel nicht auffällt, ist hier schnell ein Betrug konstruiert. Es gibt gute Argumente dafür, dass Zirkularität nicht immer ein Problem sein muss, gerade der nach-kantische Idealismus bringt einige ganz wundervolle Kreisstrukturen hervor, die dennoch redlich sind und wohl zu den größten Leistungen der Philosophiegeschichte überhaupt gehören. Diese Zirkel sind allerdings ganz anderer Natur.
Der infinite Regress, der Abbruch und der Zirkel werden auch unter dem Titel des Münchhausen-Trilemmas geführt, das seine Benennung Hans Albert verdankt und das die einzigen Möglichkeiten darstellen soll, auf die deduktive Versuche einer Letztbegründung hinauslaufen können. Eine zunächst offensichtlich scheinende Lösung ist nun natürlich, einfach eine Letztbegründung aufzusuchen, die nicht die typische aus Voraussetzungen folgernde syllogistische Form hat und in der Tat gibt es Versuche, genau solche Alternativen anzubieten. Vielleicht kommt an anderer Stelle noch einmal der Moment, sich mit diesen genauer zu beschäftigen.
Eine etwas andere Schiene wählen die vermeintlich älteren zehn Tropen, die dem Skeptiker Aenesidemus zugeordnet werden. Sie alle lassen sich auf den Tropus der Relativität zurückführen, der drei Arten von Tropen enthalten soll: Jene, die sich auf den Beurteilenden beziehen, diejenigen, welche sich auf das Beurteilte beziehen und diejenigen, welche sich auf beide beziehen. Diesen Arten wiederum sind die zehn Tropen des Aenesidemus untergeordnet. Aufgrund ihrer teils recht großen Ähnlichkeit zueinander werde ich sie an dieser Stelle nicht alle auflisten, es lassen sich oft auch sehr ähnliche Einwände formulieren, wie ich dies bereits oben zur Relativität getan habe. Darüber hinaus erfordert auch ihre Erklärung und die Argumentation dafür, wie man sie als Argumente gegen die Sicherheit von Wissen verwenden kann, wieder viele Annahmen. So oder so leiden skeptische Argumente eigentlich immer an Selbstanwendungsproblemen. Man könnte schließlich auch fragen, warum es ein Problem sein muss, am Anfang ein Dogma zu setzen, wenn es nur derartig beschaffen ist, dass wir in unserem normalen Sprachgebrauch würden sagen wollen: „Ich bin mir sicher.“ Damit ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass man auch falsch liegen könnte, es sei denn, man beruft sich auf eine unantastbare Einsicht in das Innerste der Wirklichkeit. Doch gerade bei derartig absoluten Ansprüchen wirkt es auf die neutrale Betrachterin oft eher so, als würde hier gerade nicht sicheres Wissen erreicht, sondern ein pathologischer Zustand ausgelebt.
Doch scheint es auch hier wieder Ausnahmen zu gebe. Manches Wissen ist so sicher, dass es schon dank der Definition oder den Regeln der (klassischen) Logik als richtig oder falsch zu erkennen ist. Zum Beispiel hält man es vielleicht für eine notwendige und von selbst einleuchtende Wahrheit, bezüglich welcher man sich auch nicht vorstellen kann, wie jemand dieselbe nicht einsehen kann, dass Sätze der Form „Bonn ist die Hauptstadt der BRD und ist nicht die Hauptstadt der BRD.“ notwendig falsch sind, einfach nur, weil etwas nicht gleichzeitig und im gleichen Sinne eine Eigenschaft besitzen und nicht besitzen kann. Das scheint also zu funktionieren, vorausgesetzt, man verwendet die Worte nicht in verschiedenen Sinnen, sondern meint durchgängig dieselben Objekte und Relationen. Sollte man nun doch in Sorge verfallen, dass aus dieser (in der klassischen Logik immer falschen) Form doch noch nicht zu erkennen ist, dass sie sich für jeden Inhalt gleich verhält, weil man sich beispielsweise vorstellen kann, wie jemand den ersten bejahenden Teil spricht, während Bonn noch Hauptstadt ist und in dem Moment, in dem der zweite Teil des Satzes gesprochen wird, bereits Berlin offiziell Hauptstadt der BRD ist, so ist vielleicht so etwas wie „Die Zahl ‚3‘ ist eine Primzahl und ist nicht eine Primzahl.“ ein Versöhnungsangebot, da sich hier schon die Definition von „Primzahl“ zwischen beiden Satzhälften ändern müsste, um die Wahrheit des Satzes möglich zu machen. Überhaupt scheinen Definitionen ein mächtiges Werkzeug zu sein, wenn es um Wahrheit geht.
Eines der bekanntesten Beispiele ist die Definition, dass Junggesellen unverheiratete Männer sind. Der Satz „Alle Junggesellen sind unverheiratet.“ erfordert, sobald uns die Definition zur Verfügung steht, keinerlei weitere Erfahrung und braucht auch kein Verständnis anderer Begriffe, um als wahr erkannt zu werden. Wenn ich weiß, dass Junggeselle zu sein bedeutet, ein unverheirateter Mann zu sein, dann ist auch vollkommen egal, ob ich jemals einen Junggesellen getroffen habe oder weiß, was das Wort „unverheiratet“ bedeutet. Wenn ich beispielsweise die Definition kenne, dass es zur Definition von Glibglobs gehört, bolgbilg-ig zu sein, dann kann ich auch die Wahrheit des Satzes „Alle Glibglobs sind bolgbilgi-ig“ oder des Satzes „Dieser Glibglob ist bolgbilg-ig.“ problemlos bewerten, vollkommen ohne zu wissen was Glibglobs sind. Im Fall des letzteren Satzes könnte man sich noch darüber streiten, wie er zu bewerten wäre, wenn das, was gemeint ist, eigentlich gar kein Glibglob wäre, sondern nur fälschlicherweise so bezeichnet wurde, weil die Sprecherin Glibglobs mit Globglibs verwechselt. Populäre Antworten hierzu sind, dass der Satz entweder sinnlos oder falsch sei, je nachdem wie man Satzbedeutungen versteht. Sätze wie die oben angegebenen bereits aus der Definition als richtig oder falsch erkennbaren sind bekanntlich solche, die man in der Philosophie als analytische Urteile a priori bezeichnet. Analytisch, weil hier auseinandergesetzt wurde, was bereits in der Definition vorhanden war und a priori deshalb, weil es auch ohne jegliche spezifische Erfahrung mit den definierten Zusammenhängen einsehbar ist. Ganz anders verhält es sich jedoch mit Urteilen, die in unserer üblichen Erfahrung vorkommen, wie zum Beispiel „Dieser Junggeselle ist traurig.“ Diese nennen wir bekanntlich synthetische Urteile a posteriori, die man so nennt, da hier eben eine Zusammensetzung (Synthesis) der Konzepte „Junggeselle“ und „traurig“ nach erworbener Empirie (a posteriori) stattfindet. Eine der interessantesten Fragen aus der Geschichte der Philosophie ist die danach, wie eine dritte Kategorie möglich ist, synthetische Urteile a priori, also solche, die ohne neue Erfahrung getroffen werden, aber trotzdem nicht trivial sind. Synthetische Urteile a priori und die Frage danach, ob eventuell doch eine dogmatische Letztbegründung alles Wissens möglich ist, soll mich in meinem nächsten Artikel beschäftigen, in welchem ich mein bestes versuchen möchte, die herausstechende Bedeutung einer der wichtigsten Entdeckungen in der Geschichte der Philosophie sprechen möchte, nämlich die der Kritik der reinen Vernunft und was ihre Erkenntnisse für dogmatische Begründungen anhand unhinterfragter Axiome bedeuten.
Thomas Engeland
1 Diogenes Laertius. Leben und Meinungen berühmter Philosophen. Übersetzt und erläutert von Otto Apelt. Zweiter Band: Buch VII-X. Leipzig: Meiner 1921. 165.
2 Reihenfolge und Inhalt der Tropen nach Sextus Empiricus. Grundriß der pyrrhonischen Skepsis. Hrsg. von Malte Hossenfelder. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1985.